Dillenburg. Die Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Lahn-Dill, Dagmar Schmidt, hat am Montagabend (20. März) unseren Ortsverband besucht. Die Politikerin konnte sich aus erster Hand über den THW-Einsatz nach dem Erdbeben in der Türkei informieren. In dem Gespräch ging es vor allem um die Probleme, die zu einem erheblich verspäteten Abflug der Einsatzkräfte aus Deutschland geführt haben.
Das Technische Hilfswerk verfügt seit 1986 über die Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland, kurz SEEBA genannt. Das sind gut 150 hochspezialisierte Helferinnen und Helfer, die auf Abruf bereitstehen, um nach Erdbeben oder Explosionen Menschen aus eingestürzten Gebäuden zu retten. Selbstverpflichtendes Ziel ist es, dass die Mannschaft nach 6 Stunden abflugbereit ist. Tatsächlich erfolgte Anfang Februar der Abflug in die Türkei erst nach 33 Stunden. Das hat bei dem 50-köpfigen Einsatzteam großen Frust verursacht.
Aus unserem Dillenburger Ortsverband gehören drei Helfer der SEEBA an. Sebastian Sonntag ist in der Türkei dabei gewesen. Sein Einsatz bei dieser Katastrophe hat ein großes Echo ausgelöst; in den Medien, im privaten und beruflichen Umfeld und auch bei politischen Mandatsträgern.
Das THW ist trotz 95 Prozent ehrenamtlicher Mitarbeiter eine Bundesbehörde. Somit entscheidet der Deutsche Bundestag mit seinem Bundeshaushalt über die finanzielle Ausstattung, was auch Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung der Katastrophenschutz-Einheit hat. Deshalb gibt es auch gute Kontakte der Bundestagsabgeordneten zur ihrer Bundesanstalt Technisches Hilfswerk.
Dagmar Schmidt ist ein gerne gesehener Gast im Dillenburger THW-Stützpunkt. Nach einem kurzen Grußwort zu knapp 50 Helfern, die zum routinemäßigen Übungsabend angetreten waren, berichtete Sebastian Sonntag in kleiner Gesprächsrunde über seinen Türkei-Einsatz. Im Fokus stand der verspätete Flug ins Katastrophengebiet. „Während andere internationale Teams längst Menschen aus den Trümmern gezogen haben, hingen wir immer noch auf dem Flughafen in Köln fest.“ Dieses zum Nichtstun verdammt sein habe die Mannschaft noch Tage nach der Rückkehr sehr belastet, sagte Sebastian Sonntag. „Wir hätten wahrscheinlich mehr Menschenleben retten können.“
Für den Flug des Einsatz-Teams musste umständlich eine Chartermaschine aufgetrieben werden, die dann aus Bulgarien kommend in Köln eintraf. Und dass, obwohl an diesem Flughafen die Flugbereitschaft der Bundeswehr stationiert ist. „Viele Rettungsteams sind mit Militärmaschinen ihrer Heimatländer gekommen. Oder die Schweizer, die haben ein Abkommen mit der nationalen Fluglinie Swiss. Warum geht das in Deutschland nicht?“ Es ist wohl politisch nicht gewollt, dass humanitäre Einsatzkräfte mit Bundeswehr-Maschinen ins Ausland geflogen werden, berichtete Sebastian Sonntag über eine gezielte Nachfrage im Außenministerium.
Der Dillenburger THW-Chef Alexander Schmidt bezeichnete es als extrem belastend für die hochmotivierten Auslands-Einsatzkräfte, wenn sie sprichwörtlich am Flughafen sitzen gelassen werden. Weitere Informationen zu Kompetenzgerangel und Unzuständigkeiten im Apparat der Bundesbehörden ließen die Abgeordnete mehrfach die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Nicht-Verfügbarkeit von Flugzeugen für solche Katastropheneinsätze, egal ob Bundeswehr oder Lufthansa, sei nicht akzeptabel, sagte Dagmar Schmidt. „Das muss gelöst werden, ich werde darüber mit der Innenministerin sprechen.“